Wasserstoffperoxid ist in seiner reinen Form ein starkes Oxidationsmittel und eignet sich daher sehr gut zum Bleichen von Leinen und Baumwolle. Natürlich gab es im Mittelalter kein reines Wasserstoffperoxid und wurde deswegen auch nicht zum Bleichen von Stoffen eingesetzt. Da wir allerdings einen Weg gesucht haben eine größere Menge Leinen umweltschonend zu bleichen, ohne den immensen Aufwand der Rasenbleiche zu betreiben, blieb uns nichts anderes übrig, als auf Wasserstoffperoxid zurückzugreifen.
Das Ergebnis der Rasen- und der Wasserstoffperoxidbleiche ist dabei identisch. Das Lignin wird bei beiden Verfahren durch oxidative Vorgänge zerstört und durch waschen entfernt.
Bevor wir mit dem Bleichen beginnen konnten, erkundigten wir uns im Internet, welche Mengen und Konzentrationen von Wasserstoffperoxid, für unser Vorhaben benötigt werden. Dabei konnten wir aus diversen Holz- und Haarbleichanleitungen herauslesen, dass eine 3% Lösung für die meisten Vorhaben ausreichen würden.
Da eine 3% Lösung aus großen Teilen Wasser besteht bestellten wir uns in einem Versandhaus eine 11,9% Wasserstoffperoxidlösung, die wir später durch den Zusatz von Leitungswasser auf eine 3% Lösung verdünnten.
Bei späteren, enttäuschenden Versuchen stellten wir fest, dass das gekaufte Wasserstoffperoxid durch Phosphorsäure stabilisiert wurde. Die Phosphorsäure verhindert den Zerfall der Moleküle und ermöglicht eine langfristige Lagerung. Allerdings verhindert sie dabei auch die bleichende Wirkung des Wasserstoffperoxids. Um die Phosphorsäure zu deaktivieren bzw. das Wasserstoffperoxid zu Aktivieren benötigt man eine 25% Ammoniaklösung, die auch als Salmiakgeist bezeichnet wird.
Da Wasserstoffperoxid mit Metallen reagiert, sollte der Behälter, in dem der Stoff gebleicht wird, weder aus Kupfer, noch aus Eisen sein. Selbst vor emaillierten Gefäßen raten wir ab. Am besten eignet sich eine große Plastikbox.
Bevor wir größere Mengen Leinen gebleicht haben, testeten wir, wie lange der Stoff in der Bleiche liegen muss. Dafür schnitten wir uns mehrere Leinenstücke zu und legten sie in einen kleinen Behälter mit aktiviertem Wasserstoffperoxid.
Bereits nach etwa einer halben Stunde, war ein deutlicher unterschied erkennbar. Nach einer weiteren halben Stunde, sind die Leinenstücke nur wenige Nuancen heller geworden. Insgesamt liesen wir die Leinenstücke etwa 9 Stunden in der Bleiche liegen. Danach war das Leinen weiß, allerdings noch nicht strahlend weiß. Es hatte noch immer einen leichten Grauschimmer. Da wir kein reinweißes Leinen wollten, entschieden wir uns nach diesem Vorabtest, für eine Bleichdauer von etwa 5 Stunden.
Wasserstoffperoxid und Salmiakgeist sind gefährliche Chemikalien und sollten mit äußerster Vorsicht behandelt werden. Bei der Arbeit mit diesen Chemikalien ist daher ein Atem-, Augen- und Hautschutz Pflicht!
Um eine 3%ige Wasserstoffperoxidlösung erreichen zu können, musste die spätere Lösung aus 1/4 Wasserstoffperoxid und 3/4 Leitungswasser zusammengemischt werden. Wir füllten dazu die Plastikbox soweit mit Wasser auf, dass das Leinen in der Box schwimmen konnte. Daraufhin stellten wir die Plastikbox auf eine Waage und ermittelten das Gewicht. Daraus resultierte, dass wir 24L Leitungswasser, mit etwa 8L Wasserstoffperoxid vermischen mussten.
Vor der Zugabe des Salmiakgeists, verlegten wir den Bleichvorgang auf unseren Balkon, da die Ammoniaklösung bestialisch stinkt und definitiv nur im Freien benutzt werden sollte. Uns ist leider nicht bekannt, wie viel Ammoniak benötigt wird, um Phosphorsäure zu deaktivieren. Daher gaben wir im Verhältnis von 1:1 (1 Teil Phosphorsäure : 1 Teil Salmiakgeist) die Ammoniaklösung in den Behälter. In unserem Fall entsprach das etwa 80ml. Nachdem der Salmiakgeist zum Wasserstoffperoxid hinzugegeben wurde, rührten wir die Lösung mit einem langen Holzlöffel durch. Bereits nach wenigen Sekunden begann die Lösung zu schäumen.
Das Leinen, dass vorher mehrere Stunden in klarem Wasser lag, wurde im nächsten Schritt in die Bleiche gelegt. Während des Bleichvorgangs wendeten wir den Stoff regelmäßig, anfangs alle 5 bis 10 Minuten, später jede halbe Stunde. Dabei drückten wir jedes mal die Luftblasen aus dem Stoff heraus und erhofften uns davon ein möglichst gleichmäßiges Ergebnis. Ob Leinen überhaupt fleckig gebleicht werden kann, wissen wir nicht.
Über die gesamte Zeit kontrollierten wir regelmäßig die Veränderungen und den Bleichfortschritt. Wobei wir nach 5 Stunden entschlossen, den Stoff komplett zu entnehmen und zu waschen. Daraufhin trockneten wir den Stoff an der Leine und konnten am nächsten Morgen das gebleichte Leinen abhängen.
Das graue Leinen wurde tatsächlich um einiges heller. Es erhielt einen fast weißen Ton mit einem leichten Gelbstich. Das bereits von Werk aus gebleichte Leinen wurde nur um wenige Nuancen heller, allerdings sind wir damit dennoch zufrieden.