Seit wir uns mit dem Thema "Pflanzenfärben" beschäftigen, sind wir unzählige Male auf die These gestoßen, dass Wolle bei zu großen Temperaturunterschieden eingeht. Zwischen den einzelnen Beiz- und Färbevorgängen, müsste laut dieser These, das Färbebad heruntergekühlt werden. Diese zusätzlichen Arbeitsschritte bedeuten einen hohen Zeit-, Material- und Arbeitsaufwand. Mit unseren Experimenten wollen wir diese These auf die Probe stellen.
Das folgende Experiment kann jeder in seiner häuslichen Küche nachstellen und ausprobieren. Da dieser Artikel aufgrund eigener Erfahrung entstanden ist, übernehmen wir keine Garantie und können für entstandene Schäden nicht Haftbar gemacht werden.
Für das Experiment benötigt man ein genau 10x10cm großes, unbehandeltes Wollstück. Außerdem eine Schale mit kochendem Wasser. Optional auch eine Schale mit kaltem Wasser.
Diese Bilder zeigen das 10x10cm große Wollstück, im trockenen Zustand. Wir haben uns bemüht, das Viereck, so genau wie möglich zuzuschneiden.
Um das Experiment durchzuführen legt man das Wollstück in das kochende Wasser. Da wir den größtmöglichen Effekt erzielen wollten, entschieden wir uns die Wolle zuvor im Eisbad abzukühlen und erst im Anschluss daran die Wolle in das kochende Wasser zu legen. Man lässt es so lange im Wasserbad bis sich die Temperatur der Wolle an die des Wassers angeglichen hat. Das geschieht nach etwa einer Minute. Darauffolgend nimmt man das Wollstück aus dem Wasserbad, lässt es entweder an der Luft abkühlen oder legt es in das optionale, kalte Wasserbad.
Diese Bilder zeigen das 10x10cm große Wollstück, im feuchten Zustand, nach dem Temperaturschock. Dabei erkennt man, dass das Wollstück rundherum etwa 0,5cm größer geworden ist. Das liegt daran, dass der Stoff mehr als 30% des Trockengewichts der Wolle an Flüssigkeit aufnehmen kann. Hierdurch quillt der Stoff auf und wirkt größer.
Diese Bilder zeigen das 10x10cm große Wollstück, im trockenen Zustand, nach dem Temperaturschock. Die Größe hat sich nicht verändert, lediglich der Stoff ist
etwas aufgeraut.
Das trockene Wollstück ist nach dem Experiment und nach unserer Auswertung genauso groß wie zuvor. Die Begründung hierfür findet sich in der Beschaffenheit des Wollhaares. Es besteht aus unzähligen Schuppenzellen. Beim Verfilzen der Wolle verkeilen sich die einzelnen Schuppen miteinander, unter der Vorraussetzung, dass die Schuppen der oberste Schuppenschicht abstehen. Damit die Schuppen abstehen benötigt das Wollhaar sowohl Wärme, Wasser und optional Seife.
Beim Hineinlegen bzw. Herausholen der Wolle gibt es zwei dieser Komponenten: Wärme und Wasser. Das reicht aus, dass die Wollschuppen vom Haar abstehen, allerdings nicht dafür, dass die Wolle verfilzt. Denn die wichtigste Komponente: Reibung, fehlt.
Was bedeutet dieses Ergebnis nun für den Färber? Nicht die abrupten Temperaturschocks sind schuld, wenn beim Färben die Wolle verfilzt, sondern ein fehlerhaftes Rührverhalten beim Färben. Rührt man zu kräftig und zu schnell kann es dazu führen, dass der Wollstoff verfilzt und somit eingeht. Wendet und bewegt man den Stoff bedächtig, geschieht der Wolle nichts.
Beim Färben muss man weder nach jedem Färbevorgang warten bis das Wasser abgekühlt ist, um die Wolle herausnehmen zu können, noch muss man nach dem Ansetzen der Färbeflotte warten um die Wolle hineinzulegen.