In diesem Abschnitt erklären wir, wie die Sohle mit dem Oberleder vernäht und der Schuh anschließend gewendet wird. Dafür benötigen wir einige Werkzeuge die zuvor bereitgelegt und gegebenfalls geschärft werden sollten.
Die wichtigsten Werkzeuge die zum Vernähen des Schuhs benötigt werden, sind die große gekröpfte Ahle, die Falzzange, das Handleder und der Knieriemen. Der Hammer und das Kneip wird lediglich für die Vor- und Nachbearbeitung benötigt.
Außerdem braucht man einen Leistenharken oder eine dicke Schnur, um nach dem Vernähen der Sohle den Leisten wieder aus dem Schuh entfernen zu können.
Neben den Werkzeugen, werden auch noch das Oberleder, die Sohle, der Sohlenrandstreifen, ein kräftiger Pechdraht und beide Leisten benötigt.
Der Randstreifen wird an einer Seite, der Länge nach, angeschärft. Das vereinfacht das Anlegen des Streifens um enge Kurven, wie z.B. um die Ferse und um die Spitze der Sohle.
Der Sohlenrandstreifen wird wie gewohnt vor dem Bearbeiten in Wasser eingelegt. Wir machen das meist zusammen mit der Sohle, denn die Sohle benötigt in der Regel etwas länger und kann sich, solange wir den Randstreifen bearbeiten, mit Wasser vollsaugen. Nachdem der Streifen "dampf" (=es steigen keine Luftblasen mehr auf) ist, wird er mit der glatten Seite nach unten, an den Rand eines Tisches gelegt. Daraufhin wird mit einem scharfen Kneip die Kante einer Längsseite abgeschnitten. Hierfür wird das Messer, an ein Ende des Lederstreifens angesetzt und führt schräg von der Mitte des Lederstreifens durch die halbe Lederstärke (Abb. 2-4). Der dabei entstehende Sohlenrandstreifen ähnelt einer einseitig geschliffenen Klinge.
Die Sohle sollte sich derweil mit Wasser vollgesogen haben, sodass wir im nächsten Schritt, die Sohle an den Leisten nageln können. Dazu wird für den rechten Schuh, bzw. die rechte Sohle, der linke Leisten genommen. Die Sohle wird daraufhin auf dem Leisten platziert. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Sohle rund um den Leisten etwas darüberhinaus ragt. Vorallem an den Rundung der Ferse und im Bereich der Zehen muss die Sohle etwa 2mm überstehen.
Ist die Sohle richtig platziert, wird diese auf dem Leisten fixiert. Dafür sollte der Leisten zwischen den Beinen platziert werden und möglichst, ohne die Sohle zu verrutschen, zwei Nägel eingetrieben werden. Einer in der Mitte der Zehenballen, der andere in Höhe der Ferse. Dabei spielt die genaue Position keine Rolle, da diese ohnehin später wieder entfernt werden (Abb 5.). Diese beiden Nägel sollten umgeschlagen werden, damit sie später, beim Vernähen der Sohle, nicht im Weg sind.
Anschließend wird mit dem Kneip die Sohle an den Leisten angepasst. Das bedeutet, dass das überstehende Material weggeschnitten wird. Allerdings nicht an der Ferse und um die Zehenrundung herum. Hier wird nur so viel Material abgetragen, dass noch etwa 2 bis 3mm übersteht (Abb. 6-9). Diese Zugabe wird später, nach dem Wenden des Schuhs, wichtig. Denn nach dem Wenden, wird der Schuh geringfügig kleiner, wobei die Überstand dieses Problem ausgleicht.
Nachdem die Sohle an den Leisten angepasst wurde, wird mit einem Stift, z.B. einem Kugelschreiber, rund um die Sohle, im Abstand von 6mm, eine Linie gezogen (Abb. 10, 11). Diese Linie dient als Nähhilfe und ist nach dem Vernähen nicht mehr sichtbar.
Nun wird der Sohlenrandstreifen auf dem Leisten fixiert. Der Beginn des Randstreifens ist in der Innenseite des Fußes, in der Höhe des Fußgewölbes. Dort wirken nämlich die geringsten Zugkräfte.
Der Randstreifen wird mit der rauen Seite nach unten, auf die raue Seite der Sohle gelegt, somit ist die glatte Seite sichtbar. Die angeschärfte Längsseite wird an die Kugelschreiberlinie angelegt und mit einem Nagel fixiert (Abb. 12). Hierfür eignet sich die Falzzange am besten (Abb. 13). Sie hat eine kleine Schlagfläche mit der die Nägel eingetrieben werden können. Die Nägel müssen nicht durch die Sohle in den Leisten genagel werden. Es reicht bereits wenn der Nagel in der Sohle steckt.
Anschließend wird der Randstreifen rund um die Sohle gelegt und nach und nach mit Nägeln fixiert (Abb. 14). Falls der Sohlenrandstreifen zu lang sein sollte, wird das Überstehende Ende bündig abgeschnitten und festgenagelt.
Das Oberleder wird im Wassereimer eingedampft. Daraufhin wird das auf links (=verkehrtherum) gedrehte, vernähte Oberleder über den Leisten gezogen. Dabei sollte man darauf achten, dass die Fersenverstärkung genau in der Mitte der Ferse sitzt. Außerdem sollte ein genereller Blick über den Leisten erfolgen, ob die Einschlupföffnung gleichmäßig verteilt ist und die Spitze der Einschlupföffnung in Richtung der Spitze des Schuhs zeigt. Sobald diese Kriterien erfüllt sind, kann das Oberleder fixiert werden. Dabei wird als erstes der Nagel an der Ferse herausgezogen (Abb. 15), das Oberleder an der Ferse bis zur makierten Linie gezogen und mit einem Nagel fixiert (Abb. 16). Dabei hat sich herausgestellt, dass es von Vorteil ist, wenn das Oberleder mit den Oberschenkeln an den Leisten gedrückt wird. Dadurch kann der Leisten nicht durch die Hammerschläge verrutschen. Ist das Oberleder an der Ferse fixiert, wird ein weiterer Nagel an der Spitze der Sohle herausgezogen. Das Oberleder wird daraufhin mit moderatem Zug über die Spitze gezogen und festgenagelt (Abb. 17). Nachfolgend sollte ein Kontrollblick erfolgen, ob das Oberleder noch korrekt sitzt und sich nicht verschoben hat. Falls doch, sollte der Fehler jetzt korrigiert werden.
Im Anschluss daran kann das komplette Oberleder fixiert werden. Dazu wird als erstes der Nagel auf der Innenseite der Zehenballen und dann auf der Außenseite eingeklopft. Das Leder wird dabei sanft, aber bestimmt über den Leisten gezogen. Anschließend arbeitet man sich Schritt für Schritt nach hinten. Immer zuerst auf der Innenseite, dann auf der Außenseite (Abb. 18). In der Höhe des Einschlupfloches sollte das Oberleder nicht zu fest, bzw. nur bis zur Makierung gezogen werden. Ansonsten könnte es passieren, dass sich das Einschlupfloch unsymmetrisch verzieht. Ist das Oberleder grob festgenagelt können die Rundungen durch weitere Nägel in Falten gelegt werden (Abb. 19, 20). Das vereinfacht das Nähen solcher Rundungen enorm.
Nachdem der Bodenbau abgeschlossen ist, kann mit der Sohlennaht begonnen werden. Hierzu wird der Knieriemen um den Leisten, den Fuß und das Knie gelegt (Abb. 21). Dabei spielt es keine große Rolle, um welches Bein der Knieriemen gezogen wird. Unter den Knieriemen, aber über der Sohle befindet sich ein Wachsklumpen, in den, bevor mit der Ahle ein Loch geschnitten, hineingestochen wird. Desweiteren sollte jetzt das Handleder angezogen werden. Dafür schlüpft man zuerst mit dem Daumen durch ein Loch, führt das Handleder nach hinten über den Handrücken und schlüpft in das zweite Loch (Abb. 22). Dadurch sitzt das Handleder fest auf der Hand und kann nicht herunterrutschen.
Vor jedem Stich sollte mit der Ahle in das Wachs gestochen werden, denn dadurch rutsch die Ahle leichter durch den Stichkanal. Dabei muss nur die vorderste Spitze bzw. die Schneide der Ahle eingestochen werden (Abb. 23).
Anschließend wird mit dem erste Stich, auf der Innenseite des Schuhs, auf Höhe der Fußwölbung, begonnen. Dazu wird die Spitze der Ahle, direkt vor die Strichmarkierung gesetzt. Die Ahle sollte dabei möglichst gerade nach oben zeigen, bzw. in 90°-Winkel zur Sohle stehen, wobei die Spitze in Richtung des späteren Stichkanals zeigt (Abb. 24). Daraufhin muss der Unterarm, in kleinen, kurzen Bewegungen, um seine eigene Achse gedreht werden, sowohl im Uhrzeigersinn als auch gegen den Uhrzeigersinn. Dadurch sollte sich die Ahle soweit hineinschneiden, dass die Spitze der Ahle nicht mehr zu sehen ist - etwa 1,5mm. Danach wird die Ahle zügig aus der senkrechten Position in eine immer flacher werdende Position geführt (Abb. 25). Während der ganzen Positionsveränderung muss die Ahle weiterhin gedreht werden. Sobald ein sehr flacher Winkel entstanden ist und die Ahle sich durch den Sohlenrand, den Randstreifen und das Oberleder schneidet muss mit der anderen Hand ein leichter Gegendruck erzeugt werden. Wir empfehlen die Finger nicht dort zu positionieren, wo später die Ahle heraussticht, sondern wenige Millimeter daneben. Das schützt die Fingerkuppen ungemein. Wir haben regelmäßig einen Kontrollblick zwischen den Sohlenrandstreifen und den Sohlenrand geworfen, um zu schauen ob die Ahle auch auf der richtigen Höhe (=oberes 1/3 des Sohlenrandes) heraussticht. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass sich der Randstreifen nicht verschiebt.
Nachdem der erste Stichkanal gestochen wurde, wird die Stahlborste von der Innenseite durch den Stichkanal geschoben (Abb. 26, 27) und soweit durchgezogen, dass die Mitte des Pechdrahts im Stichkanal liegt bzw. die Pechdrahthälften, auf beiden Seiten, gleich lang sind (Abb. 28). Danach wird mit der Ahle wieder in den Wachsklumpen gestochen und im Abstand von etwa 6-8mm das nächste Ahlenloch gestochen. Dabei sollte beachtet werden, dass jeder neue Stichkanal hinter den vorherigen gestochen wird (Abb. 28).
Sobald der zweite Kanal gestochen wurde, wird die erste Stahlborste von außen, von der Oberlederseite, durch den Stichkanal und die zweite Stahlborste von innen durch den Stichkanal geführt (Abb. 29). Genau in der gleichen Reihenfolge werden die Stahlborsten auch durchgezogen (Abb. 30, 31). Das kommt daher, dass der Stichkanal von innen nach außen immer schmäler wird. Daher ist die Reihenfolge auch so wichtig. Anschließend werden die beiden Pechdrahthälften, nacheinander durch den Stichkanal gezogen. Für uns hat es sich bewährt, mit einem Finger den Pechdraht zu führen, dadurch kann sich dieser nicht verheddern oder verdrehen (Abb. 32). Sind beide Pechdrahhälften komplett durchgezogen, wird die Pechdrahthälfte zur Rechten um das Ahlenheft gewickelt (mindestens 3x) und die zur Linken um das Handleder (Abb. 33). Danach wird die Naht sanft, aber bestimmt zugezogen (Abb. 34).
Dieser Arbeitsablauf wiederholt sich so oft, bis die Naht fast vor der Vollendung steht. Lediglich bei den Rundungen gibt es noch ein paar Feinheiten zu beachten. Denn dort muss der Stichkanal, anders als zuvor gestochen werden. Normalerweise ist der Abstand der Stichkanäle auf der Außen-, wie auch auf der Innenseite gleich. Bei Rundungen ist das anders. Hierbei ist der Abstand zwischen den Stichkanälen auf der Innenseite sehr viel kleiner als auf der Außenseite (Abb. 36, 39, 40). Das sollte vorallem an der Ferse und an der Schuhspitze beachtet werden. Desweiteren muss der Schuh, während der Sohlennaht, mehrfach um 45° gedreht werden (Abb. 35, 36, 38). Der Schuh muss grundsätzlich so ausgerichtet sein, dass die Ahle von rechts nach links sticht.
Nachdem der letzte Stichkanal gestochen wurde, kurz vor dem Beginn der Sohlennaht, wird die Stahlborste von außen nach innen geführt (Abb. 41). Dadurch liegen beide Pechdrahthälften auf der Innenseite bzw. Sohlenseite (Abb. 42) und können verknotet werden. Ein Doppelknoten reicht in der Regel aus. Die Pechdrahthälften werden abgeschnitten, wobei ein kleiner Überstand stehen gelassen werden sollte(Abb. 43), da sich der Knoten ansonsten öffnen könnte. Der Sohlennaht ist damit abgeschlossen.
Nachdem die Sohlennaht fertiggestellt wurde, wird mit einem scharfen Kneip der überstehende Zwickrand bündig zur Sohle abgeschnitten (Abb. 49, 50). Dabei muss sehr sorgfältig vorgegangen werden, damit nicht ausversehen der Pechdraht zerschnitten wird. Dafür muss vor jedem Schnitt genau kontrolliert werden, ob das Kneip weit genug von der Naht entfernt ist. Dennoch sollte am Ende so wenig Leder wie möglich überstehen, da dadurch der spätere Tragekomfort erhöht wird. Sobald der Zwickrand komplett entfernt wurde, kann die Naht mit dem Schusterhammer beklopft werden, sowohl von oben, als auch von der Seite (Abb. 51). Außerdem sollten die Nägel die, die Sohle fixiert haben, herausgezogen und die dabei entstanden Löcher geklopft werden.
Der Schuh ist soweit vernäht, dass er ausgeleistet werden kann. Dafür wird die Schraube auf der Oberseite der Leiste herausgedreht (Abb. 52). Mit einem Schraubenzieher geht das nur sehr Mühsam. Mit einem Akkuschrauber oder einem Drehmomentschlüssel geht das wesentlich bequemer.
Infolgedessen kann der Leistenharken oder ein Seil durch das Loch des Leistenkeils geschoben werden (Abb. 53). Wir müssen an den Leistenharken unseren Knieriemen befestigen und mit einem kräftigen Tritt nach unten den Keil herausziehen (Abb. 54, 55). Anschließend wird mit dem Schusterhammer auf die Unterseite der Ferse bzw auf die Sohle der Ferse geklopft. Dadurch kommt man leichter an das hintere Loch der Leiste, in das jetzt der Leistenharken geschoben wird (Abb. 56). Über den Knieriemen wird die Leiste herausgezogen (Abb. 57). Nun hat man einen Leeren auf links gedrehten Schuh, der im nächsten Schritt gewendet werden muss.
Der für uns aufwendigste und anstrengendste Part ist das Wenden des Schuhs. Denn wir brauchen wesentlich länger, als die im Buch angegebene Zeit (5 bis 20 Minuten). Wir benötigen etwa ein bis zwei Stunden. Wahrscheinlich haben wir noch nicht die richtige Technik herausgefunden und brauchen deshalb so lang. Falls ihr dafür noch irgendwelche Kniffe herausgefunden habt, wären wir über Tipps und Tricks sehr glücklich.
Wir starten das Wenden durch ein nochmaliges Wässern des Schuhs und erhoffen uns, dass das Leder dadurch geschmeidiger wird. Anschließend wird die Ferse gewendet was in der Regel nicht länger als zwei Minuten dauert (Abb. 59, 60). Danach arbeiten wir uns langsam in Richtung Spitze vor. Dazu wird versucht den vorderen Teil des Schuhs immer weiter zu wenden. Allerdings ist dort die breiteste Stelle, was dieses Vorhaben immens erschwert . Es wird immer gleichzeitig am Oberleder gezogen und im inneren ein Gegedruck erzeugt (Abb. 61-69). Durch die Zuhilfenahme des Schusterhammerstiels wird das ganze etwas vereinfacht. Uns hat es immer geholfen den Hammer auf einen Tisch oder Hocker aufzustützen, den Stiel in das innere des Schuhs zu stecken und fest am Oberleder zu ziehen (Abb. 67). Dieser Trick funktioniert vorallem am Ende, wenn die Spitze des Schuhs bereits im inneren Verschwunden ist. Ist der Schuh soweit gewendet, dass nur noch die Spitze durchgeschoben werden muss, kann ein Kochlöffel Abhilfe schaffen (Abb. 71). Der Schuh sollte jetzt komplett gewendet und bereit zum Einleisten sein (Abb. 72, 73).
Der rechte Leisten wird anschließend für den rechten Schuh verwendet. Dafür wird der Leisten soweit wie möglich in den Schuh hineingeschoben (Abb. 74) und mithilfe des Klopfleders und des Schusterhammers weiter hineingetrieben (Abb. 75). Eine große Hilfe ist dabei eine zweite Person, ein Person klopft und hält das Klopfleder, die andere hält den Schuh am Oberleder fest. Sitzt die Leiste in der Spitze des Schuhs, kann im Anschluss die Ferse eingeleistet werden. Dazu wird die Ferse soweit umgeklappt das ein Schuhlöffel hineingeschoben werden kann. Der Schuhlöffel muss sich dabei umbedingt in der Mitte der Fese befinden, andernfalls könnte sich die Ferse verschieben. Anschließend wird mit einem Schusterhammer auf die Oberseite des Leistens geklopft. Nach ein paar kräftigen Schlägen sollte der Leisten in den Schuh hineinschlüpfen (Abb. 76).
Sobald der Schuh eingeleistet ist, werden komplett alle Nähte nocheinmal geklopft, vorallem die Sohlennaht (Abb. 76-80). Außerdem kann der Randstreifen noch einmal beschnitten werden. Je nach Geschmack kann der Randstreifen so bearbeitet werden, dass er von Oben nicht mehr zu sehen ist. Danach wird der Schuh 2 Tage lang zum trocknen aufgehangen. Sobald der Schuh sich nicht mehr nass anfühlt kann er ausgeleistet werden.
Wenn irgendwelche Nähte drücken kann das an einem Schusteramboss behoben werden. Außerdem kann das Oberleder durch eine Lederpflege und die Sohle durch zähflüssiges Leinenöl konserviert und gegen Feuchtigkeit geschützt werden. Obendrein finden wir die reine Ledersohle zum laufen unbequem und filzen uns daher immer eine Einlegesohle aus Schurwolle.