Beinlinge oder Hosen sind strumpfförmige, körperbetonte Beinbekleidungen, die ausschließlich vom Mann getragen wurden. Sie haben einen röhrenförmigen Zuschnitt und enden meist in einem Fußteil, der mit einer Stoff oder weichen Ledersohle versehen ist.
Beinlinge wurden in der Regel so zugeschnitten, dass sie auf der Rückseite mindestens über dem Knie aber maximal auf halber Oberschenkellänge endeten. Die Vorderseite war Grundsätzlich etwas länger, da dort die Nestelschnüre bzw. Lederbänder befestigt wurden.
Da Beinlinge zur Oberbekleidung zählen, bestanden sie in der Regel aus Wollköper, der sowohl wärmende als auch dehnbare Eigenschaften besitzt. Um die dehnbarkeit des Wollköpers zu nutzen, muss der Zuschnitt schräg zum Fadenverlauf erfolgen, siehe hierzu: Zuschnitt.
Die im Anschluss beschriebenen Beinlinge haben wir in anlehnung an eine Abbildung des Mainzer Evangeliars rekonstruiert:
Wir zogen zudem auch eine Abbildung aus der französischen Maciejowski-Bibel hinzu:
Bei beiden Abbildungen ist der doch sehr körperbetonte Sitz zu erkennen.
Die Maße der Beinlinge lassen sich nicht exakt ermitteln, kleinere Abweichungen gibt es dabei immer. Die Maße sollten allerdings einen Anhaltspunkt geben an dem man sich orientieren kann, um ein Muster aus günstigem Stoff zu erstellen.
Die Maße werden grundsätzlich im Stehen gemessen. Die wichtigsten Maße die zum erstellen des Musters benötigt werden sind:
A. Länge der Beinlinge
B. Umfang des Höchsten Punkts der Beinlinge
C. Umfang der Wade
D. Umfang am Sprunggelenk
E. Länge des Fußes
F. Umfang des Fußes, ohne die Sohle
F. a. Sohlenbreite
G. Länge des Vorfußes
H. Höhe des Fußes
Bei der Breite und Länge der Stoffbahn können wir diesesmal keine pauschalen Angaben machen. Allerdings ist der Stoffverbrauch relativ gering, vorrausgesetzt die Beinlinge gehen nicht bis zur Leiste. Ein etwa 1qm großes Stück sollte in der Regel ausreichen.
Wir haben uns dazu entschieden die Beinlinge trapezförmig zu gestalten, da dadurch der Stoffverbrauch bzw. der Verschnitt sehr gering bleibt. Die Passform wird durch diesen Zuschnitt nicht beeinträchtigt.
Für die Beinröhre werden mit unter die meisten Maße benötigt. Daher erkläre ich anhand von der Abb. 2 wo welche Maße eingesetzt werden. Die Länge der Beinlinge (A.) befindet sich an der Schnittkante zwischen den beiden Beinlingen. Der Umfang des Oberschenkels (B.) ist die maximale Breite der Beinlinge. Der Umfang am Sprunggelenk (D.) ist die engste Stelle der Beinlinge. Durch das verbinden dieser Maße, sollte ein langgezogenes Trapez entstehen.
Das Maß C. wird nur in Ausnahmefällen benötigt. z.B. bei sehr ausgeprägten Waden und gleichzeitig sehr schmalen Oberschenkeln. Hierbei muss B. und D. entsprechend angepasst werden.
Um einen passgenauen U-Förmigen Ausschnitt zu erhalten wird zuerst die Höhe des Fußes (H.) und die Breite (a.) eingezeichnet. Durch das Verbinden dieser Punkte, sollte ein U-Förmiger Ausschnitt entstehen. Dieser Ausschnitt sollte der Länge von F. entsprechen.
Die Form der Sohle wird durch das Umranden des Fußes ermittelt. Hierbei ist eine Nahtzugabe von 1cm rundherum empfehlenswert.
Der Teil der den Fußrücken bedeckt sollte vorher als Muster angefertigt werden, dadurch bekommt man eine sehr passgenaue Form. Bei diesem Stoffstück wird eine Nahtzugabe von 1cm hinzugegeben.
Unter Beachtung aller Nahtzugaben ergeben sich bei uns diese Maßangaben, die anschließend auf das Muster übertragen und zugeschnitten werden. Falls das Muster nicht optimal sitzt, werden die Maße bzw. das Muster entsprechend verändert. Natürlich sollte dabei die Form der Beinlinge erhalten bleiben. Der Wollstoff ist meist dehnbarer als der Musterstoff, daher kann das Muster relativ eng sitzen.
Um ein möglichst symmetrisches Muster hinzubekommen, empfiehlt es sich, die Beinröhre und das Fußrückenteil der Breite nach zu falten. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Schnittkanten bündig aufeinanderliegen. Die Überstehenden Kanten werden angeglichen, sodass die eine Musterhälfte genau der anderen gleicht.
Für den Zuschnitt werden folgende Materialien und Werkzeuge benötigt:
Die Gegenstände sollten Griffbereit zurechtgelegt werden. Neben dem Materialien das für den Zuschnitt eines Gewandes benötigt wird, muss genügend Zeit eingeplant werden, mindestens 2 Stunden. Ein eiliges Zuschneiden und ungenaues Arbeiten recht sich in den meisten Fällen, spätestens bei der Anprobe.
Für das Anzeichnen mit der Schneiderkreide sollte ein großen Raum, ohne Fugen oder Teppichboden ausgesucht werden. Laminat oder Korkboden eignet sich gut für diesen Zweck.
Das Muster wird auf den Wollstoff übertragen und zugeschnitten. Danach werden die Stoffstücke durch Stecknadeln oder dem Heftstich verbunden und anprobiert. Sind Stellen immer noch zu weit muss nachgebessert werden. Das heißt man schneidet Stück für Stück immer mehr ab, bis die Beinlinge passen. Natürlich müssen zwischen durch die Beinlinge zusammengesteckt und anprobiert werden.
Für die Naht, die rückseitig am Bein (A.) anliegt, verwenden wir den Rückstich, da diese Naht beim tragen dauerhaft unter Zug steht. Hierzu wird die Beinröhre einmal der Breite nach gefaltet, bis die Schnittkanten genau aufeinander liegen.
Die Naht wird mit Stecknadeln vorgesteckt und über die komplette Länge mit dem Rückstich vernäht.
Um die Schnittkante vor dem Ausfransen zu schützen, entschieden wir uns bei dieser Naht für eine "einseitige Schmetterlingsnaht". Dabei werden die Schnittkanten zu einer Seite hin geklappt und mit dem Überwendlichstich vernäht.
Eine normale Schmetterlingsnaht geht zwar auch, hat aber das Problem, dass die Naht durch den Zug auseinandergeklafft.
Beim feststecken der "einseitigen Schmetterlingsnaht", sollte der Stoff wie in Abb. 4 liegen. Sodass man mit der linken Hand in die Röhre hineingreifen kann, um die Nadeln beim einstecken zu lenken. In welche Richtung die Naht geklappt wird ist dabei egal, allerdings sollte die Naht des anderen Beinlings in die entgegengesetzte Richtung geklappt werden..
Im Anschluss an die die "einseitige Schmetterlingsnaht". Kann mit dem Füßling begonnen werden. Hierbei haben wir uns durchweg, für die normale Schmetterlingsnaht und den Rückstich entschieden. Die "einseitige Schmetterlingsnaht" oder die halbe Kappnaht würde am Fuß bzw. an der Sohle unangenehm drücken.
Wir haben die Sohle und das Fußrückenteil mit Stecknadeln verbunden und an die Beinröhre geheftet. Dabei sollten die Stoffkanten möglichst bündig aneinander gelegt
werden. Bevor anschließend mit dem Rückstich begonnen wird, sollten die Beinlinge nochmals vorsichtig anprobiert werden. Danach kann mit dem Rückstich begonnen werden.
Im Anschluss an den Rückstich, wird die Naht zwischen dem Fußrückenteil und der Beinröhre (F.) mit der Schmetterlingsnaht versäubert.
(Siehe hierzu.: Nähte)
Danach folgt die Schmetterlingsnaht rund um die Sohle herum. Diese Naht ist besonders anspruchsvoll, da die Naht teils in Falten gelegt werden muss, um die Fußspitze und die Ferse vernähen zu können (Abb. 6).
Hinterher wird mit dem oberen Abschnitt (B.) des Beinlings begonnen. Das ist allerdings keine große Schwierigkeit mehr. Der Rand wird zweifach eingeschlagen und als Saum vernäht(Abb. 4, 7, 8).
Die Beinlinge müssen zu guter Letzt mit Nestellöchern versehen werden. (Siehe: Stiche - Knopflochstich) Diese Nestellöcher haben wir durch ein Stück Leinen verstärkt. Die Stoffkanten des Leinenstücks wurden nach innen eingeklappt und mit dem feinen Überwendlichstich festgenäht. Dadurch ist kein Nahtmaterial von außen Sichtbar (Abb. 8).
Der Beinling ist fertig für die ersten Anprobe.