Nachdem wir die neusten Schuhe fertiggestellt hatten, beschäftigten wir uns eingehend mit dem Schutz und der Pflege von Leder. Dabei legten wir großen Wert auf die Imprägnierung, also den Schutz vor Wasser. Jeder Lagernde kennt das Problem, dass Lederschuhe leicht klamm bzw. nass werden und somit auch die Füße. Dafür reicht es z.B. durch eine taunasse Wiese zu laufen. Neben der Imprägnierung, verlängert die Lederpflege die Haltbarkeit der Schuhe deutlich.
Uns ist kein überliefertes Rezept zur Pflege von Leder bekannt, daher ist die einzige Möglichkeit eine gute Lederpflege herauszufinden, verschiedene Mischungen auszuprobieren und deren Wirkungen auf das Leder zu überprüfen. Als Ausgangsmaterial für diesen Versuch verwenden wir Rohstoffe, die dem Menschen des 13. Jahrhunderts zur Verfügung standen. Natürlich ist hierbei ein großer Spielraum für Interpretationen, sowohl bei der Zusammensetzung, als auch bei den verwenden Rohstoffen.
Leinöl wird in der Regel zur Holzpflege eingesetzt, da es durch seinen hohen Anteil ungesättigter Fettsäuren, an der Luft, aushärtet und somit eine schützende Oberfläche bildet. Da diese Eigenschaft fatal für Leder sein könnte, möchten wir die Wirkung von Leinöl auf Leder überprüfen.
Hanföl ist ein Öl, dass aus den Samen der Hanfpflanze gewonnen wird. Es dient uns als Referenzöl für die Überprüfung des Leinöls.
Rapsöl wurde im Mittelalter nur als technisches Öl verwendet, da es durch die im Rapsöl vorhanden Bitterstoffe ungenießbar war. Erst die im 20 Jhd. durchgeführte Zucht machte das Rapsöl bekömmlich.
Bienenwachs wurde im Mittelalter hauptsächlich für die Kerzenproduktion verwendet. Dabei waren die höfischen und kirchlichen Institutionen die größten Abnehmer. Neben der Kerzenproduktion war Bienenwachs aus anderen Handwerksbereichen nicht mehr wegzudenken.
Lanolin ist ein Nebenprodukt bei der Wollverarbeitung. Es ist das Fett der Wolle, dass die Tiere vor Regenwetter schützt. Um das Wollfett gewinnen zu können wird die Wolle in einem Topf erhitzt bis das Lanolin als Schmierfilm auf der Wasseroberfläche treibt. Dieser Film kann abgeschöpft und getrocknet werden, dabei erhält man reines Lanolin.
Da wir bei unserer Recherche auf keine historischen Rezepte gestoßen sind, müssen wir auf "moderne" Rezepte zurückgreifen. Bei diesen modernen Rezepten handelt es sich größtenteils um Leinenöl-Bienenwachs-Mischung, die sich, bei einer ersten Probe, zwar gut verstreichen lassen, aber keinen Schutz gegen Feuchtigkeit geboten haben. Um dennoch ein wasserabweisendes Leder erhalten zu können, musste ein weiterer Bestandteil beigefügt werden. Meister Knieriem empfahl uns dafür Lanolin. Denn dieses Fett ist, sowohl wasserabweisend, als auch leicht und günstig zu erwerben.
Um herauszufinden welche Bestandteile in welchen Mengen in der Lederpflege vorkommen sollten, haben wir uns für 6 Rezepturen entschieden:
Rezept 1-3 sollte den Unterschied zwischen den verschiedenen Ölen deutlich machen. Dabei war es wichtig, ob es überhaupt Unterschiede zwischen den verschiedenen Ölsorten gibt und wenn, wie diese sich äußern.
Rezept 4 - 6 soll erproben, welchen Einfluss Lanolin auf die Lederpflege hat. Und welches Mengenverhältnis für die Lederpflege geeignet ist.
Die Materialien wurden entsprechend, der oben angegebenen Rezepte, abgewogen und in ein Einmachglas gefüllt. Das Einmachglas wurde in einem Wasserbad erhitzt, bis die Bestandteile sich verflüssigt hatten. Die geschmolzene Masse wurde durch schwenken und durch einen Stab verrührt. Durch das rühren hat sich das Öl, das Wachs und das Lanolin miteinander verbunden und konnte in ein Teelichtbehälter umgeschüttet werden. Die einzelnen Proben wurden zum Abkühlen in den Kühlschrank gestellt.
Alle Proben, bis auf das Rezept Nr. 5, dass ohne Bienenwachs hergestellt wurde, sind fest geworden.
Die auf der Abb. 7 zu sehenden Lederstücke sind mit der darüberstehenden Lederpflegen eingerieben worden. Dabei lies sich optisch kein großer Unterschied zwischen den einzelnen Stücken feststellen. Die Proben sind alle gut in das Leder eingezogen.
Lediglich bei der Konsistenz und dem Auftragen der Proben konnten wir Unterschiede fest machen. Dabei gefiel uns das Rezept 1 und 4 nicht besonders. Rezept 1 ist mit 20% Leinöl gemacht und hat dadurch eine leicht körnige Note. Es lässt sich im Verhältnis zur der Creme mit Hanföl und Rapsöl nicht so schön Auftragen. Rezept 4 erinnert eher an weiche Gelatine und ist daher auch eher ungeeignet. Die Rezepte 2-4 und 6 sind sehr schön geworden. Sie sind angenehm cremig und lassen sich gut auf dem Leder auftragen. Dadurch haben wir festgestellt, dass ein Wachsanteil von etwa 15-20% vollkommen ausreicht. Ab einem Wachsanteil von 30% lässt sich die Lederpflege nur noch unzureichend verstreichen. Daher lieber etwas weniger als zu viel Wachs verwenden.
Das weiße Lederstück, dass in der Mitte, unter den anderen Lederstücken liegt, dient als Referenzstück.
Um die wasserabweisenden Eigenschaft der Proben zu testen legten wir alle Lederstücke sortiert nach der Rezeptnummer auf eine wasserfeste Unterlage und tropften auf jedes Lederstück ein kleinen tropfen Wasser.
Wir haben in diesem Test ein weiteres Lederstückchen hinzugefügt, das ähnlich dem Rezept 5 aus Lanolin und Hanföl gemischt wurde allerdings in einem anderen Verhältnis:
7. Lanolin 40% + Hanföl 60%
Die auf der Abb. 8 zu sehenden Lederstücke wurden jeweils zweimal mit der Lederpflege eingerieben. Das Lederfett konnte im Anschluss daran, etwa eine Woche einwirken. Anschließend wurden etwas Wasser auf jedes Lederstück getropft. Abb. 9 zeigt die Lederstücke unmittelbar nach dem Tropfen und Abb. 10 etwa 10 Minuten später.
Dabei ist deutlich zu erkennen, dass das rohe Leder das Wasser sofort aufnimmt. Zwischen der Nr. 1 - 4 und 6 gibt es keine großen Unterschiede. Sie haben allesamt nach etwa 3 Minuten das Wasser aufgesogen. Das Rezept 5 und 7 hingegen sind deutlich Wasserabweisender als der Rest. Selbst nach 10 Minuten ist der Wassertropfen nicht vollkommen aufgenommen worden.
Nachdem wir unsere Rezepte getestet hatten, sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass die reine Verbindung von Öl und Bienenwachs für unseren Gebrauch als Schuhcreme nicht ausreicht, denn erst der Zusatz von Lanolin mach das Leder richtig Wasserabweisend.
Die von uns getesteten Rezepte sind allesamt Prototypen und erfordern noch Langzeittests, aber dennoch haben wir zwei Favoriten. Rezept 5 und 7, diese sind deutlich Wasserabweisender als der Rest und machen durch den hohen Fettanteil, dass Leder geschmeidig. Bei sehr weichem Leder ist das natürlich nicht unbedingt nötig. Aber bei harten und steifen Rinderleder kann das sehr von Vorteil sein.
Die beste Mischung, die wir bis jetzt für eine Lederpflege herausgefunden haben ist:
Das Rapsöl gibt eine gute Konsistenz für die Lederpflege - umso mehr umso weicher wird die Pflege. Das Lanolin imprägniert das Leder und schützt es gegen Feuchtigkeit. Zudem wird es dadurch sehr geschmeidig. Das Bienenwachs macht die Lederpflege fester, sodass sie sich besser verstreichen lässt - vorausgesetzt es ist nicht zu viel Wachs drin.